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Kinder- und Jugendtherapeutin: "Nicht nur über Probleme reden"

Melanie Gräßer
Melanie Gräßer ist Psychologin und niedergelassene Psychotherapeutin im westfälischen Lippstadt. (Foto: Sandra Püttmann)

Die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Melanie Gräßer erklärt, wie eine Therapie abläuft und warum die ganze Familie davon profitieren kann.

Was kann eine Psychologin oder ein Psychologe schon gegen Rheuma ausrichten? Melanie Gräßer ist Psychologin und niedergelassene Psychotherapeutin im westfälischen Lippstadt und spricht im Interview mit Julia Bidder, Chefredakteurin der Mitgliederzeitschrift "mobil", über Therapien. Als Verhaltenstherapeutin arbeitet sie mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen und ist häufiger Referentin bei Seminaren der Deutschen Rheuma-Liga.

Frau Gräßer, bei welchen Fragestellungen kann ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut unterstützen?

Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können bei sehr vielen, ganz unterschiedlichen Fragestellungen helfen. Bei einer chronischen Erkrankung wie Rheuma geht es vielleicht darum,
die Krankheit an sich zu akzeptieren und die Diagnose, wenn sie noch ganz frisch ist, zu bewältigen. Häufig habe ich Patienten mit rheumatischen Erkrankungen in Behandlung, die sich aufgrund der Erkrankung anders, ausgegrenzt oder nicht mehr so leistungsfähig oder attraktiv fühlen.

Bei vielen geht es auch um den Umgang mit Schmerzen oder Einschränkungen. Aber auch das  Krankheitsmanagement spielt häufig eine Rolle, also regelmäßige Arzt- oder Physiotherapietermine, Medikamenteneinnahme oder auch die wöchentliche Spritze Methotrexat. Es kann auch zu Problemen in der Schule oder dem Kindergarten kommen, egal, ob die Mitschüler hänseln oder die Lehrer nicht verstehen, warum die Schülerin einmal beim Sport mitmachen kann und einmal eben nicht.

Außerdem ist die Familie häufig Thema, etwa Sorgen und Ängste der Eltern, Erziehungsfragen, Umgang mit gesunden Geschwistern oder die Sonderrolle des erkrankten Kindes in der Familie. Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass Kinder und Jugendliche mit einer chronischen körperlichen Erkrankung ein etwa doppelt so hohes Risiko für die Entwicklung einer psychischen Erkrankung haben. Deshalb ist eine Abklärung auf jeden Fall sinnvoll, bei Bedarf natürlich auch eine psychotherapeutische Behandlung.

Wie sieht so eine Therapie aus?

Zunächst wird geklärt, ob eine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt. Keine Sorge, für die Diagnose wird kein Blut abgenommen oder eine körperliche Untersuchung durchgeführt.  Psychotherapeuten stellen viele Fragen und hören sehr genau zu, wenn Sie als Eltern und/oder das Kind/der Jugendliche berichten. In sogenannten psychotherapeutischen Sprechstunden kann man klären, ob eine Behandlung erforderlich ist oder nicht. Außerdem dienen diese Kennenlernstunden dazu, gemeinsam herauszufinden, ob die Chemie zwischen Therapeutin und Patientin stimmt.  Denn es ist elementar, dass sich Patient und Therapeut gut verstehen. Passt es nicht, ist das nicht schlimm – aber man muss darüber sprechen. Ansonsten kann ich mich als Therapeutin auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln und es passiert nichts!

Also, wenn das Kind/der Jugendliche sich bei der Therapeutin nicht wohlfühlt, dann lieber zu einem Kollegen gehen. Therapeuten sind dabei gar nicht eingeschnappt oder sauer, sondern können sogar helfen, einen Kollegen zu finden. Es ist auch viel wichtiger, dass die Chemie stimmt als der Schwerpunkt des Psychotherapeuten, also die Frage, ob er Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse oder ein anderes Verfahren anbietet. Manchmal ist es auch so, dass nur ein oder wenige Beratungstermine stattfinden. Besteht aber eine Indikation für eine weitere Behandlung und der Therapeut hat auch einen Therapieplatz frei, dann sehen sich Patient und Therapeut in der Regel einmal pro Woche für 50 Minuten über einen längeren Zeitraum, häufig ein bis zwei Jahre.

Gemeinsam arbeiten sie an den Problemen und Zielen, die Patient und Therapeut gemeinsam festlegen. Eltern und wichtige Bezugspersonen werden auch miteinbezogen – meist findet nach etwa vier Sitzungen ein Elterngespräch statt. Wenn erforderlich und sinnvoll, kann es auch Termine mit der ganzen Familie geben.

Gibt es auch Gruppentherapien?

Ja, es kann Gruppenbehandlungen mit anderen Kindern/Jugendlichen geben, die ähnliche Probleme haben. Das hat den Vorteil, dass man gemeinsam an den Problemen arbeiten kann und sich mit anderen austauschen kann.

Wie ist eine Therapiestunde aufgebaut?

Häufig gibt es einen Arbeits- und einen Spielteil: Kinder und Jugendliche würden bestimmt nicht zu mir in die Behandlung kommen, wenn wir nur über Probleme reden würden. Meist gibt es tolle Sachen, die man gemeinsam spielen kann, wobei auch der Arbeitsteil oft sehr spielerisch oder kreativ verläuft. Oft basteln wir etwas oder nutzen therapeutische Spiele, um über bestimmte Themen leichter ins Gespräch zu kommen.

Brauche ich eine Überweisung vom Kinderarzt? Wer trägt die Kosten?

Für einen Termin bei einem niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten benötigen Sie keine Überweisung. Wenn bei Ihrem Kind eine Diagnose gestellt wird, die behandlungsbedürftig ist, dann werden die Kosten der erforderlichen Behandlung von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Privatversicherte müssen sich bei ihrer Versicherung nach den genauen Bedingungen erkundigen.

Muss ich mit etwaigen Wartezeiten rechnen?

Auch wenn es ca. 165.000 Therapiepraxen in ganz Deutschland gibt, ist es leider häufig so, dass es sehr lang dauern kann, bis ein Therapieplatz für eine Behandlung frei ist. Am besten macht man sich eine Liste mit den kassenzugelassenen Psychotherapeuten in erreichbarer Nähe und telefoniert diese ab. Alle Psychotherapeuten müssen eine Telefonzeit anbieten, in der sie Termine vereinbaren können. Diese Zeiten werden meist auf dem Anrufbeantworter angesagt oder auf der Homepage veröffentlicht.

Was passiert, wenn ich keinen Therapeuten finde, der einen freien Platz hat?

Wenn ich in einem zumutbaren Zeitraum keinen Therapieplatz bei einem niedergelassenen Therapeuten finde, muss die Krankenkasse eine Therapie bei einem Psychotherapeuten zahlen, der keine Kassenzulassung hat. Das heißt Kostenerstattungsverfahren. Falls das bei Ihnen der Fall ist, fragen Sie bei Ihrer Versicherung nach den genauen Anforderungen. Es kann sein, dass Sie nachweisen müssen, dass mehrere Kassentherapeuten zeitnah keine Kapazität haben, oder sie eine ärztliche Dringlichkeitsbescheinigung vorlegen müssen. Wird ein solcher Antrag abgelehnt, lohnt sich ein Widerspruch. Die Bundespsychotherapeutenkammer informiert auch hierzu.

www.bptk.de

Gut zu wissen

Schweigepflicht:

Therapeuten haben, genau wie Anwälte und Ärzte, eine Schweigepflicht: Sie dürfen das, was die Patienten oder Eltern ihnen erzählen, nicht weitersagen. Auch, was Kinder oder Jugendliche
erzählen, darf nicht automatisch den Eltern berichtet werden. Es gibt allerdings Ausnahmen, nämlich, wenn eine Patientin sich selbst oder anderen etwas antun will. In diesem Fall muss der
Therapeut bestimmte Schritte einleiten, die er aber zuvor mit dem Betroffenen bespricht.

Stationäre Behandlung:

Geht es einem Patienten so schlecht, dass eine ambulante Behandlung nicht ausreicht, oder will ein Patient nicht mehr leben, kann eine stationäre Behandlung in einer psychosomatischen
Fachklinik oder einer Kinder- und Jugendpsychiatrie erforderlich sein. Wie das genau funktioniert, bespricht aber ebenfalls alles der Therapeut.

Medikamente:

Manchmal kann auch eine medikamentöse Behandlung erforderlich sein. Für diesen Fall gib es spezielle Fachärzte, die Kinder- und Jugendpsychiater. Aber auch das erklärt der behandelnde
Therapeut.