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Lisa und der Nikolaus auf dem Eis

Lisa und der Nikolaus auf dem Eis, copyright Andrea Hirche

Heute ist der 6. Dezember, Nikolaustag. Lisa ist im Krankenhaus. So ein Mist, denkt sie, denn an so einem Tag wäre sie natürlich viel lieber zu Hause.

Doch die Krankenschwestern tun alle ganz geheimnisvoll. Nachher käme der alte Herr mit der roten Mütze, sagen sie. Gestern haben alle zusammen schon den Aufenthaltsraum geschmückt. Lisa und die anderen Kinder sind mittlerweile ein wenig aufgeregt. Hoffentlich braucht sie kein Gedicht aufzusagen. Und hoffentlich kommen ihre Eltern heute Abend früher zu Besuch als am letzten Sonntag. Da hatten sie im Stau gestanden. Sie freut sich schon so sehr.

Lisa ist mit Frühstücken fertig. Gleich ist Schwimmen im Bewegungsbad. Sie packt ihre Badesachen und macht sich auf den Weg ins Untergeschoß. Dort angekommen, spürt sie sofort, dass etwas nicht stimmt. Sie bekommt eine Gänsehaut. Es ist unangenehm kalt. Seltsam, eigentlich ist es hier unten immer warm. Lisa geht weiter. Sie ist ganz aufmerksam. Jetzt kommen ihr weiße, kalte Nebelschwaden entgegen. Lisa zögert und bleibt stehen. Sie spürt ihr Herz laut und deutlich schlagen. Da sieht sie Tim staunend mit offenem Mund neben sich stehen. Sie schauen sich kurz an. Ihr Herzschlag wird ruhiger. Gemeinsam gehen sie langsam weiter. Weißer Nebel hüllt alles geheimnisvoll ein. Der Weg fühlt sich endlos lang an. Doch plötzlich stehen sie am Eingang des Bewegungsbades. Eisige Kälte strömt von nebenan aus der offenen Tür der Kältekammer.

Aufgeregt tastet sich ein Mann mit grauem Kittel zu der Tür. Es scheint der Hausmeister zu sein. “Um Himmels Willen, das darf doch nicht wahr sein, ich werd verrückt!“, hören sie ihn ausrufen. Hastig hantiert er mit einem Werkzeug an der Tür herum. Sie will sich nicht schließen lassen. Nach langen Minuten schafft er es. Die Tür ist zu. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Dabei ist es eiskalt.
Jetzt hören sie Stimmen aus dem Bewegungsbad. Der Hausmeister stürzt los. Lisa und Tim gehen neugierig hinterher. Dort angekommen trauen sie ihren Augen nicht: Das Wasser im Schwimmbecken liegt zu Eis erstarrt im Nebel vor ihnen.

Der Hausmeister, Therapeuten, Schwestern und Ärzte reden wild durcheinander. Die Kinder aus der Schwimmgruppe stehen nur da und sagen gar nichts.
Jetzt macht der Hausmeister mit hoch rotem Kopf alle Fenster auf. Klare, frische Dezemberluft vertreibt den Nebel. Die Luft von draußen fühlt sich sogar wärmer an, findet Lisa.
„Eine Eisbahn, eine richtige Eisbahn!“, ruft ein Junge. „Halt!“, ruft der Hausmeister und fängt an mit einem spitzen Gegenstand ein kleines Loch in das Eis zu bohren. „Ich werd verrückt“, hören sie ihn sagen, „das Eis ist dick genug, man kann es betreten, bis heute Abend wird es uns sicher tragen.“
„Halt!“, ruft jetzt eine Schwester, „erst geht ihr alle auf euer Zimmer und zieht euch warme Sachen an.“
Fünf Minuten später sind alle dick eingepackt wieder da. Und jetzt geht es los! Sie schlindern und rutschen über das Eis. Es wird immer glatter und sie werden immer schneller.

Es ist herrlich, Lisa saust wie ein Schneesturm über das Eis, immer wieder und immer wieder. Einmal ist sie schon ausgerutscht. Jetzt hält sie ein Therapeut an der Hand. Sie schlindern zusammen.
„Halt!“, ruft ein anderer Therapeut, “Pause!“

Alle merken, dass es genug ist. Lisa reibt sich die Knie, Tim sich die Fußgelenke. Da holt ein Therapeut große Plastikfolien. Sie dürfen sich darauf setzen. Und schon geht es wieder los. Die Therapeuten ziehen sie wie Rentiere den Nikolausschlitten über das Eis. Was für ein Spaß! Alle lachen und rufen wild durcheinander. Das geht eine ganze Weile so, bis die Therapeutenrentiere einer nach dem anderen schnaufend stehen bleiben.

In diesem Augenblick dröhnt ein lautes HOH, HOH, HOH durch den Raum. Und da steht er, der Nikolaus. „Ich denke ich bin im Krankenhaus, aber hier ist ja wohl der Nordpol!“, ruft er mit lauter Stimme, macht einen Schritt auf das spiegelglatte Eis, rutscht aus und landet auf seinem gut gepolsterten Hinterteil. Der Zipfel seiner roten Mütze baumelt vor seiner Nase hin und her. Der Sack, den er immer noch huckepack festhält, ist aufgegangen und Nüsse und Äpfel kullern über das Eis.

Es ist mucksmäuschen still. Lisa hält ihren Atem an. Ist ihm etwas passiert?
Doch da fängt der Nikolaus an zu lachen. Laut und heftig. Sein Bauch tanzt dabei unter seiner Jacke und der Zipfel seiner Mütze hüpft auf seiner Nase herum.

Ein paar Kinder fangen an zu kichern und dann lachen alle los. Laut und heftig. Jemand fängt an zu singen „Lasst uns froh und munter sein“ und alle singen mit. Auch laut und heftig und ein bisschen falsch und schief. Zusammen im Chor sagen sie das Gedicht auf: „Von draußen, vom Walde komm ich her, ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!“. Es macht richtig Spaß, sogar Gedicht aufsagen. Lisa wird es ganz warm dabei. Ihre Wangen glühen.

„So, nun würde ich gerne aufstehen, wer kann einem alten Mann wie mir dabei helfen?“, fragt der Nikolaus und schaut ganz verschmitzt in die Runde. Alle Therapeuten helfen ihm unter Schnaufen und Stöhnen wieder auf die Füße. Einer alleine hätte das nicht geschafft. Bedächtig streicht sich der Nikolaus durch seinen langen, weißen Bart und beginnt aus einem goldenen Buch zu lesen. Komisch, er kennt alle Namen der Kinder, denkt Lisa.

Einen nach dem Anderen ruft er auf, damit sie zu ihm kommen. Jetzt hört Lisa ihren Namen. Sie geht nach vorne. Wohlwollend aber kräftig klopft ihr der Nikolaus mit seiner großen Hand, die in einem dicken, roten Handschuh steckt auf die Schulter. Einen Augenblick glaubt Lisa das Eis unter ihren Füßen würde einbrechen. Aber es hält. Sie bekommt ein kleines, kuscheliges Stofftier, einen niedlichen Eisbären. Fest drückt sie ihn an sich.

Nüsse und einen Apfel solle sie sich selber aufheben, er würde auf dem Eis keinen Schritt mehr gehen, meint der Nikolaus lachend und hält sich dabei seinen hüpfenden Bauch fest. Als der Sack leer ist, fragt er mit dröhnender Stimme: „Habe ich auch niemand vergessen?“. „Nein!“, rufen alle zusammen.
„Dann will ich mal wieder zu meinen Rentieren mit dem Schlitten gehen. Sie warten im Park auf mich. Aber sagt mal Kinder, so lange ich lebe, und das ist wahrhaftig schon lange, waren die Eisbahnen immer draußen und nicht in Häusern und erst recht nicht in Krankenhäusern. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!“.

Alle kichern.“ Ja, ja, alles wird moderner, eine Eisbahn im Krankenhaus“, meint er noch kopfschüttelnd, ruft noch einmal: „HOH, HOH, HOH“, winkt ihnen zu und verschwindet durch die Tür.

Ach, war das alles aufregend, denkt Lisa beim Mittagessen.
Danach will sie sich nur ein wenig hinlegen. Als sie ihre Augen wieder öffnet, sind ihre Eltern schon da. „Ich muss euch etwas erzählen“, sie holt tief Luft und sagt, “Also, heute Morgen, das war ganz toll … !“

© Andrea Hirche